Die Hamburger SPD-Fraktion macht sich stark für die Netzneutralität und gegen den Routerzwang

Politik

Seit einigen Wochen bringt die Deutsche Telekom mit ihren Plänen, ab 2016 eine Drosselung für Internet-Flatrates einzuführen, Internetnutzer gegen sich auf. Nach dem Verbrauch eines bestimmten Datenvolumens soll die Übertragungsgeschwindigkeit auf magere 384 Kbit/s herabgesetzt werden. Ich habe hier bereits ausführlich dargelegt, warum dieses Vorhaben mehr als kritisch zu bewerten ist: Es geht um mehr, als nur um eine Tarife. Hier droht die Grundsteinlegung für ein Zwei-Klassen-Internet. Deswegen habe ich mit meiner Fraktion einen Antrag in die Hamburgische Bürgerschaft eingebracht.

Zwar ruderte die Telekom diesbezüglich vor einigen Tagen zurück – der Aufschrei der Kritiker war wohl zu groß –, dennoch ist bislang nicht klar, welche Dienste in ein Inklusiv-Volumen eingerechnet würden und welche nicht und ab welchem Volumen wie niedrig gedrosselt wird. Wahrscheinlich wird man dies dem Nachfolger von Herrn Obermann überlassen. Der Schritt der Telekom widerspricht jedoch den Regeln eines offenen und diskriminierungsfreien Zugangs zum Internet und den dort angebotenen Daten und Diensten.
Deswegen ist es wichtig, dass der Staat hier Rahmenbedingungen vorgibt. Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat es in ihrer Novelle des Telekommunikationsgesetzes aus 2012 versäumt, die Netzneutralität wirksam zu schützen und festzuschreiben. Ein konkreter Antrag der SPD-Bundestagsfraktion lag vor, wurde aber von Union und FDP abgelehnt. Daher bringt nun meine Fraktion einen Antrag in die Bürgerschaft und fordert den Senat auf, sich auf Bundesebene für den Erhalt der Netzneutralität zu engagieren. Dazu gehört auch ein energisches Vorgehen gegen die Unart mancher Provider, ihren Kunden bestimmte Router aufzuzwingen und die DSL-Zugangsdaten nicht herauszugeben. Durch diesen Routerzwang verlieren die Kunden die Möglichkeit, ein Endgerät nach den eigenen Ansprüchen auszuwählen. Gleichzeitig können die Internetanbieter auf diese Weise auch das Onlineangebot mitbestimmen, das die Kunden nutzen. Bestimmte Dienste (Video on Demand, Voice over IP) sind hierdurch womöglich nur noch gegen Aufpreis oder gar nicht nutzbar.
Man stelle sich vor, wenn plötzlich weniger Wasser aus dem Hahn kommt, nur weil ich den Duschkopf der „falschen“ Firma habe, wenn meine Nachbarn den Strom billiger bekommen, nur weil sie eine Waschmaschine der „Hausmarke“ des Stromlieferanten kaufen oder wenn ich für meinen Kabelanschluss mehr zahlen soll als andere, nur weil ich die falschen Fernsehsendungen schaue. Ein fataler Eingriff in meine Wahlfreiheit und in den freien Markt. Das Gebot eines offenen Marktes ist essentieller Bestandteil eines freiheitlich demokratischen Gemeinwesens, in dem jeder seine Anbieter und Dienste frei wählen kann.
Dies alles würde einen Aufschrei der Empörung durch alle Bevölkerungsschichten hervorrufen. Um nicht weniger geht es aber im Jahr 2013 auch bei der Debatte um Netzneutralität. Vielen erscheinen Fragen zum Netzzugang oder zur Netzneutralität noch wie Randnotizen, doch letztlich ist eine freie Meinungsbildung heute ohne Internet kaum noch denkbar und der ungehinderte Zugang zu frei verfügbaren Informationen ist hierfür essenziell. Grundlagen dieses offenen Internets sind Wettbewerb und Transparenz, leistungsfähige Netze und ein stabiler Rechtsrahmen.
Der Angriff auf die Netzneutralität ist nicht zuletzt ein unglaublicher Sabotageakt am einzig verbliebenen Innovationsmotor in Deutschland: dem Mittelstand. Erst durch die Gleichbehandlung aller Datenpakete unabhängig von Inhalt, Dienst, Anwendung, Herkunft oder Ziel konnte das Zusammenspiel von Mittelstand und Internet so ausschlaggebend für die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung werden.
Die EU hat bereits 2009 erkannt, dass Netzneutralität ein wichtiger Bestandteil für die zukunftsfähige Funktionstüchtigkeit des Europäischen Binnenmarkts ist. Bleibt zu hoffen, dass diese Erkenntnis auch der schwarz-gelben Bundesregierung kommt oder, noch besser, eine SPD-geführte Regierung den Angriff auf die Netzneutralität noch in diesem Herbst durchkreuzen wird.
[Antrag Netzneutralität im Internet und Diskriminierungsfreiheit gewährleisten]

4 Gedanken zu „Die Hamburger SPD-Fraktion macht sich stark für die Netzneutralität und gegen den Routerzwang“

  1. Vielen Dank für ihren Einsatz!
    Warum Routerzwang schlecht für den Kunden ist?
    Ein Beispiel aus dem Bekanntenkreis:
    Eine Bekannte wurde zum Umstieg von Sipgate auf das VoIP-Angebot (teurer) von MNet gezwungen. MNet hatte das Endkundengeschaeft ihres vorigen Providers Miecom (kleiner VDSL-Provider aus Bayern) übernommen. Man konnte seinen Vertrag kündigen (keine Option, wg. lokalem VDSL-Monopol) oder musste zu den neuen Bedingungen wechseln (kein Fremd-VoIP mehr). Damit das durchgesetzt werden kann, wird Routerzwang verwendet, was auch in einer nun obsoleten FritzBox 7390 (kurz zuvor für 210,- EUR angeschafft) mündete. Die bereitgestellte FritzBox 7360 hat zudem schlechtere Spezifikationen (kein 5GHz Wifi) als die zuvor gekaufte FritzBox 7390.
    Fazit:
    – Alte Rufnummer verloren (da bei der übernahme Fremdnummernwechsel vorgesehen war)
    – Telefon-Flatrate ist teurer als bei Sipgate
    – Minutenpreise ins Mobilfunknetz sind ebenfalls teurer
    – Das VoIP von MNet ist an den Anschluss gebunden (bei Sipgate nicht)
    – 6 Monate alte FritzBox 7390 ist obsolet (210,-EUR)

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  2. Ich habe auf golem.de von Ihrer Intiative gehört. Es freut mich, daß Sie hier aktiv werden und hoffe auf Erfolg.

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  3. hallo
    nun wie steht es seit ihrer eröffnung des protestes?? ich sehe keine vorgehensweise?? wo ist die campact aktion? wo sind die facebook unterstützer?? oder interessiert es doch keinen!! wie kann man den routerzwang zum allgemeinen problembewusstsein prominenter machen!?!?!?
    ich hoffe, aber passiert ist nix?? oder habe ich was übersehen!?
    grüsse w.

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