Die Netzpolitik wird langsam erwachsen

Politik

Kurzes Fazit und Einschätzung der gestrigen Netzpolitik-Diskussion mit Dorothee Bär, Halina Wazyniak, Thomas Oppermann, Peter Altmaier, Christopher Lauer und Manuel Höferlin in Berlin aus Moderatorensicht.
Wenn drei parlamentarische Geschäftsführer, eine stellvertretende Parteivorsitzende, eine stellvertretende Generalsekräterin, ein Fachsprecher seiner Bundestagsfraktion und ein frischgebackener Landtagsabgeordneter über ein Thema sprechen, handelt es sich sicherlich nicht mehr über irgendein abseitiges Orchideenthema. Als wir vor drei Jahren mit dem Politcamp gestartet sind, sah dies noch anders aus. Netzpolitik war bei weitem noch nicht im politischen Mainstream angekommen. Dies hat sich merklich geändert. Waren die Piraten damals noch eine Randerscheinung sind sie nun mittlerweile im ersten Landtag angekommen und angesichts der Umfragewerte würde ein Einzug in den Bundestag niemanden mehr verwundern. Die Netzpolitik ist erwachsener geworden.

Dies hat aber auch Einfluss auf die politische Diskussionskultur. Der Ton auf den Podien wird rauer. Hatte man bisher das Gefühl, dass die Netzpolitiker der Parteien eine Art Schicksalsgemeinschaft bilden und gemeinsam um den Stellenwert ihres Themas kämpfen, scheint nun die Kuschelphase beendet zu sein. Gestern wurden doch einige Differenzen offenbar. Ob nun bei der Vorratsdatenspeicherung, der Netzneutralität und vor allem bei der Grundversorgung mit Breitband wird der aufmerksame Beobachter Unterschiede festgestellt haben.
Nachdem nun alle Parteien von höchster Ebene die Bedeutung des Themas postuliert haben, wird es nun Zeit, dass wir endlich mal in eine Phase der Weichenstellungen kommen. So muss zum Beispiel aus der Enquete-Kommission mehr werden, als nur eine Ansammlung von wohlfeilen Thesen, die schnell in der Schublade verschwinden. Ebenfalls müssen den netten Tweets und blumigen Reden über die tollen Möglichkeiten des Internets endlich auch handfeste Beschlüsse folgen. Die Karten liegen auf den Tisch. Wir dürfen alle gespannt sein, wer sie am besten ausspielt.
Noch ein paar Worte zum Ablauf der Veranstaltung. Dass ich die Namen der Podiumsteilnehmer kaum in 140 Zeichen unterbringen kann, zeigt mein Dilemma als Moderator. Als Moderator war es schwierig, sieben Diskutanten gleichmäßig ins Diskussionsgeschehen einzubinden. Jeder wollte gerne zu jedem Thema etwas sagen. Ich fand es wichtig in diesem Rahmen die Veränderung der Parteienlandschaft durch die Piraten zu beleuchten. Schließlich hat dies auch Einfluss auf die Mehrheiten in den Parlamenten. Leider haben einige Podiumsteilnehmer dies genutzt, um die Gründe für das Berliner Wahlergebnis zu interpretieren. Als Manöverkritik der Wahlkämpfer war dies nicht gedacht.
Und noch eines zeigt die Grenzen so eines Riesenpodiums. Während einige Podiumsteilnehmer es auf Twitter schaffen, in 140 Zeichen prägnante Statements abzugeben, scheint es in so einer Runde ungemein schwerer zu sein, mal unter 140 Sekunden pro Statement zu bleiben. Einige haben gefordert, sich auf weniger Teilnehmer festzulegen. Dann hätte es aber auch wieder Beschwerden gegeben. Sieben Parteien spiegeln nun mal die aktuelle politische Welt wieder. Die politische Landschaft in Deutschland ist größer geworden. Wahrscheinlich wird sie auch nicht mehr kleiner! Eher im Gegenteil…
Trotz fast drei Stunden Diskussion konnten viele Fragen nicht gestellt werden. Dennoch hat die Diskussion viele wichtige Punkte angesprochen. Auf dem nächsten Politcamp 2012 besteht dann die Möglichkeit zur Vertiefung. Netzpolitik ist spannender denn je. Wir sollten weiterhin gemeinsam dafür sorgen, dass sie an Bedeutung gewinnt!

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